Regeneration von Knorpel statt OP & Schmerzmittel

23.02.2022

Die Osteoarthrose, also der Knorpelschwund in stark beanspruchten Gelenken, verursacht starke Schmerzen und ist noch nicht ursächlich behandelbar. Eine Forschungsgruppe der Donau-Universität Krems und OrthoSera, Entwickler von spezifischen Blutserumprodukten, kooperierten in einem Projekt, um mit Hilfe von winzigen Bläschen im Blutkreislauf – sogenannten extrazellulären Vesikeln – das Knorpelwachstum anzuregen.

Foto von PhD Alexander Otahal vor einem der Forschungsgeräte an der Donau-Uni Krems

PhD Alexander Otahal von der Donau-Universität Krems forscht an der Anregung des Knorpelwachstums für Osteoarthrose

Der fortschreitende Knorpelschwund, die Osteoarthrose, betrifft rund 60 Prozent der Bevölkerung weltweit. Neben genetischer Veranlagung und Grunderkrankungen (wie z. B. Gicht und Rheuma) gehören sportliche oder berufsbedingte Überbelastung der Gelenke, Verletzungen und Übergewicht zu den Risikofaktoren. Ein Abbau des Knorpels im Gelenk verursacht Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Während die Lebensqualität sinkt, steigt für die Betroffenen der Betreuungsbedarf. Knie- und Hüftgelenke durch Prothesen zu ersetzen ist ein häufig beschrittener Therapieweg. Der andere ist Schmerztherapie.

Nicht alle Gelenke können operiert werden und „alle verfügbaren Behandlungen sind derzeit symptomatisch, zielen also nicht auf die Ursache der Erkrankung“, betont Alexander Otahal, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Regenerative Medizin der Donau-Universität Krems. Gemeinsam mit OrthoSera, einem Hersteller von Produkten aus Blutplasma, wurde untersucht, ob körpereigene Vesikel im Blut Knorpelzellen gezielt zum Wachstum anregen könnten.

Von Pferden lernen

Die Idee stammt aus der Pferdewissenschaft. Damit Rennpferde wieder auf die Beine kommen, werden ihnen Blutserum-Produkte zur Regeneration gespritzt und so Schmerzen und Entzündungen gelindert. An beiden Forschungsstätten wurden wichtige Vorarbeiten geleistet, die in einem vom Europäischen Fonds für Regionalentwicklung (EFRE) kofinanzierten Projekt weiterentwickelt werden. OrthoSera hat eine Spritze patentiert, die in einem zweistufigen Prozess Blutserum aus Eigenblutproben erzeugt (hypACT® inject) und Know-how für die Erzeugung von plättchenreichem Plasma (PRP) aus Vollblut. An der Donau-Universität Krems werden extrazelluläre Vesikel seit 2013 unter die Lupe genommen. Die kleinen membranumschlossenen Bläschen zirkulieren im Blut als Botschafter zwischen den Zellen.

Projektleiterin Andrea de Luna von der Donau-Universität Krems beschreibt das Vorhaben so: „Der Wirkmechanismus der bereits eingesetzten Blutprodukte war nicht ganz klar, da viele verschiede Faktoren darin enthalten sind. Wir haben in den Serumprodukten untersucht, was genau auf die Knorpelzellen günstig wirkt.“ Für die EFRE-Förderung sprach, „dass in dem Programm innovative Technologien und regionale Forschung gefördert werden und eine Produktenwicklung verfolgt werden kann. Im Projekt wurde die Wirkung von extrazellulären Vesikeln in Blutprodukten erforscht mit dem Ziel, die Erkenntnisse in der Klinik umzusetzen. Es konnte eine PhD-Stelle geschaffen und so die Karriereentwicklung junger Forscher:innen gefördert werden“, freut sich Andrea de Luna.

Wirkung auf Knorpelzellen

Alexander Otahal untersuchte in seiner Dissertation die Vesikel aus dem hypACT®-Serum und aus plättchenreichem Plasma mit aufwändigen Methoden bis auf die Nanoebene. Am Zentrum sind zudem Knorpel-Proben von Patient:innen verfügbar, die bei Gelenks-Operationen am Universitätsklinikum Krems anfallen. Daraus isolierte Zellen wurden mit Vesikeln aus den zwei Blutprodukten behandelt: „Beide Vesikelarten fördern die Regeneration und wirken zudem entzündungshemmend, aber auf unterschiedliche Weise“, so Otahal.

In einem Folgeprojekt geht es nun um die Standardisierbarkeit einer Arthrosetherapie mit Vesikeln. Zudem stellt sich die Frage, ob die Vesikel im Gelenk wirklich die Knorpelzellen anvisieren oder das umgebende Bindegewebe, um Entzündungen nachhaltig zu unterbinden. Für Otahal stehen die Erfolgsfaktoren für das gemeinsame Projekt jedenfalls fest: „Geholfen haben die richtigen Menschen aus beiden Institutionen mit ihrer fachlichen Expertise und der internationale Austausch auf Fachkonferenzen. Je mehr Augen auf ein komplexes Thema schauen, desto mehr sehen sie.“

Projektträger:

Donau-Universität Krems, Department für Gesundheitswissenschaften, Medizin und Forschung, Zentrum für regenerative Medizin (Projektleitung),
in Zusammenarbeit mit Orthosera GmbH, Krems an der Donau

Gefördert wurde:

Personalkosten für Forschungsmitarbeiter, Pauschalgemeinkosten

Förderstelle:

Amt der Niederösterreichischen Landesregierung – Abt. Wirtschaft, Tourismus und Technologie (WST3)

Förderziele:

Erforschung der Wirkungsweise bei der Anwendung von speziellen Blutprodukten der Firma OrthoSera zur Osteharthrosebehandlung.

Projektzeitraum:

Jänner 2018 - Dezember 2020

Investitionsvolumen:

279.000 Euro

Fördermaßnahme:

M02 - Überbetriebliche F&E-Projekte, Verbundprojekte und Transfer-kompetenzen

Fotos: ÖROK/APA-Fotoservice/Tesarek

War der Inhalt der Seite hilfreich?

Newsletter abonnieren